VersicherungsrechtArtikelArtikelRA Dr. Arlett BlankeDie Verweisungsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung

25. Juni 2022

Häufig hängt die Ablehnung einer Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der sogenannten Verweisungsklausel in den Versicherungsbedingungen zusammen. Selbst wenn der Versicherte in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 % berufsunfähig ist, wird unter Berufung auf die Verweisungsklausel eingewandt, dass der Versicherte aber in einem anderen „gedachten“ Vergleichsberuf noch arbeiten könne oder der Versicherer lehnt ab, weil der Versicherte tatsächlich in einem anderen Beruf arbeitet.

Bei den in den Versicherungsbedingungen vereinbarten Verweisungsklauseln werden sogenannte „abstrakte“ und „konkrete“ Verweisungsklauseln unterschieden.

Eine „abstrakte Verweisungsklausel“ führt dazu, dass der Versicherte nur dann Ansprüche auf eine BU-Rente bekommt, wenn er in seinem zuletzt ausgeübten Beruf (als er noch gesund war) und zusätzlich auch noch in einem weiteren gedachten „abstrakten“ Vergleichsberuf, der den Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherten entspricht, sozial zumutbar ist, dem bisherigen Einkommen und der bisherigen Lebensstellung entspricht, zu mindestens 50 % berufsunfähig ist. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Versicherte den Vergleichsberuf tatsächlich ausübt. Allein die „theoretische“ Möglichkeit, dass der Versicherte den Beruf ausüben kann, reicht aus. Beispielsweise kann der Versicherer mit der abstrakten Verweisungsklausel einen Bäcker auf eine Arbeit als Wurstwarenverkäufer verweisen.

Typische Formulierungen für „abstrakte Verweisungsklauseln“ sind beispielsweise, wenn es in den Versicherungsbedingungen heißt, dass der Versicherte berufsunfähig ist, wenn er „außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann …“ oder „außerstande ist, eine andere Tätigkeit auszuüben, zu der er aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist…“.

Bei einer „konkreten Verweisungsklausel“ kann der Versicherer die Ansprüche nur dann verweigern, wenn der Versicherte tatsächlich arbeitet, also „konkret“ eine andere berufliche Tätigkeit ausübt, die vergleichbar ist im Hinblick auf das vorherige Einkommen und die Lebensstellung. Liegt aber sein Einkommen bei einem tatsächlich ausgeübten Beruf 70 % unter dem Einkommen des zuletzt ausgeübten Berufs, kann der Versicherer ihn nicht auf den tatsächlichen Beruf verweisen, sondern ist eintrittspflichtig. Hier kommt es aber auf die Details an. So ist etwa umstritten, ob das Brutto- oder das Nettoeinkommen maßgeblich ist und darüber hinaus ist die 70 % Grenze auch nicht in Stein gemeißelt, sondern wird von Gerichten durchaus unterschiedlich gehandhabt. Auch bei Selbstständigen gibt es Besonderheiten.

Typische Formulierungen für „konkrete Verweisungsklauseln“ sind etwa, wenn es in den Versicherungsbedingungen heißt, dass der Versicherte „außerstande ist, seinen Beruf auszuüben, und auch keine andere Tätigkeit ausübt.“

Sowohl nach der „abstrakten“, als auch nach der konkreten Verweisungsklausel ist eine Verweisung des Versicherers nach der Rechtsprechung nur dann möglich, wenn Sie vom Einkommen her und von der Lebensstellung mit dem alten Beruf vergleichbar ist, was zumindest einen großen Argumentationsspielraum zulässt.

Gerne unterstützen wir Sie bei allen Fragen rund um die Berufsunfähigkeit.

Dr. Arlett Blanke