VerkehrsrechtFallbeispieleFallbeispieleRA Dr. Arlett Blanke3-monatiges Fahrverbot zu Fall gebracht

10. Mai 2022

Gegen unseren Mandanten wurde mit Bußgeldbescheid aufgrund einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung nach Messung mit dem Einseitensensor ES 3.0 neben einer Geldbuße auch ein 3-monatiges Fahrverbot verhängt. 

Das zuständige Amtsgericht hat im Hauptverhandlungstermin von dem 3-monatigen Fahrverbot vollständig abgesehen, da wir glaubhaft machen konnten, dass unsere Mandant infolge eines kurzen Augenblickversagens die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht wahrgenommen hatte, so dass die Verhängung eines Fahrverbotes hier nicht verhältnismäßig wäre, zumal der Mandant beruflich auch auf seinen Führerschein angewiesen war.

Unter einem „Augenblicksversagen“ ist ein sehr kurzfristiges Fehlverhalten bzw. Außerachtlassen der unter den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt zu verstehen.

Der Bundesgerichtshof (BGH 4 StR 638/96) hat hierzu entschieden:

„Die Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen mußte.

Wer also lediglich aus leichter Unachtsamkeit ein Schild übersieht, muss nicht immer die Sanktion eines Fahrverbotes befürchten. Ob ein Augenblickversagen vorlag, ist in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände zu beurteilen. Ein Augenblickversagen ist etwa ausgeschlossen, wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung für alle Verkehrsteilnehmer klar ersichtlich war, was  inbesondere bei mehrfachen Wiederholungen des Verkehrszeichens angenommen wird. Auch scheidet ein Augenblickversagen in der Regel aus, wenn der Betroffene Verkehrsteilnehmer die Örtlichkeiten gut kennt (z. B. Arbeitsweg).

Dr. Arlett Blanke