RA Marco SchneiderAllgemeinUrteileVerkehrsrechtVon Radfahrern, Überholmanövern und Pferden auf dem Bürgersteig

10. Oktober 2022

Das LG München entschied am 19.10.2020 über die Klage einer Radfahrerin gegen einen Reiter auf Zahlung von unter anderem 25.000€ Schmerzensgeld, nachdem die Klägerin nach einem selbst eingeleiteten Überholmanöver stürzte und sich dabei den Oberschenkelhals brach.

Die Klägerin fuhr am 16.07.2019 mit ihrem Fahrrad auf einem Bürgersteig. Vor ihr ritt der Beklagte auf seinem Pferd. Beide Parteien befanden sich dabei auf dem Gehweg. Nach Aussage der Klägerin näherte sie sich dem Pferd von hinten, klingelte und setzte zu einem Überholmanöver an. Dabei stürzte die Klägerin, als sie mit dem Vorderreifen den Randstein berührte und brach sich den linken Oberschenkelhals.

Zwischen den Parteien war dabei streitig, ob das Pferd während des Überholvorgangs der Klägerin in ihre oder in die andere Richtung wich. Die Klägerin behauptete, dass sie aufgrund des näher kommenden Pferdes nach links ausweichen musste und dadurch den Randstein berührte und stürzte.

Den genauen Geschehensablauf konnte das Gericht durch die Vernehmung der Parteien dabei nicht feststellen, weil kein Vortrag mehr Plausibilität oder Glaubwürdigkeit aufwies.

Das Gericht ging dabei auch nicht von einem Anspruch der Klägerin aufgrund dessen aus, dass der Beklagte auf ihr Klingeln hin nicht nach rechts auswich. In dieser konkreten Situation bestand dazu keine Verpflichtung. Auch das bloße Reiten des Beklagten auf dem Bürgersteig stellte keinen Anspruchsgrund dar, weil sich diese Tatsache nicht tatsächlich auf die Unfallverursachung niederschlug. Außerdem war die Klägerin ebenfalls verbotswidrig auf dem Bürgersteig unterwegs.

Schlussendlich merkte das Gericht an, dass Ansprüche der Klägerin schon allein aufgrund ihres erheblichen Mitverschuldens ausgeschlossen seien, weil sich aus ihrer Darstellung ergibt, dass sie den Mindestabstand beim Überholen massiv unterschritten hatte.

Das Gericht ging davon aus, dass sowohl zu Radfahrern als auch zu Pferden ein Mindestabstand von 1,5 – 2m eingehalten werden muss. Dieser ist einzuhalten, damit auf eine spontane Reaktion des Pferdes oder eines nicht vorhersehbaren Schlenkers des Radfahrers entsprechend reagiert werden könne.

Aufgrund dessen entschied das Gericht zu Lasten der ohnehin beweisbelasteten Klägerin und wies die Klage ab.

 

(Urteil LG München vom 19.10.2020 – 19 O 6004/20)

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Dr. Arlett Blanke