Neben materiellen Schadensersatzansprüchen steht dem Betroffenen nach einem schweren Unfall oder einem ärztlichen Behandlungsfehler auch die Zahlung eines Schmerzensgeldes in angemessener Höhe zu.
Durch die Zahlung eines Schmerzensgeldes wird der immaterielle Schaden des Geschädigten ersetzt. Nach § 253 BGB ist ein immaterieller Schaden kein Vermögensschaden, sondern dadurch gekennzeichnet, dass der Betroffene nach dem schädigenden Ereignis körperlich und gesundheitlich eingeschränkt ist und dadurch sein Leben nicht wie zuvor gestalten kann.
Das Schmerzensgeld kann dementsprechend keinen Schaden rückgängig machen. Vielmehr stellt es einen finanziellen Ausgleich für die Folgen des schädigenden Ereignisses dar. Außerdem soll das Schmerzensgeld auch Genugtuung verschaffen für das Leid, welches der Geschädigte erfahren musste.
Für die Art der Schmerzensgeldzahlungen gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen kommt eine einmalige Zahlung des Schmerzensgeldes in Betracht, zum anderen eine sogenannte Schmerzensgeldrente. Was konkret gefordert werden kann, ist stark von den Gegebenheiten des Einzelfalles abhängig.
Für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes muss jeder Einzelfall für sich betrachtet werden. Dafür werden unterschiedliche Faktoren herangezogen:
Aus diesen Bemessungsfaktoren wird deutlich, wie einzelfallabhängig jede Schmerzendgeldbemessung ist.
Letztlich muss sich jeder der Beteiligten fragen lassen:
Was empfände ich als angemessen, wenn mir solch ein Schaden und Schicksal widerfahren wäre?
Zudem steigen die von Gerichten ausgeurteilten Schmerzensgelder zunehmend an.
Wenn das Schmerzensgeld in der Vergangenheit eher eine „Nebenrolle“ spielte, so erfuhr es seit 1985 einen Wandel im Bezug auf die Höhe:
Waren es für Fälle von Querschnittslähmungen anfangs 150.000 €, und schließlich 250.000 €, so entschied das Landgericht München 2001, dass ein querschnittsgelähmter 48 Jahre alter Mann ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000€ erhalten soll ( LG München vom 29.03.2001, 19 O 8647/00).
Auch rechtspolitisch finden immer mehr Faktoren Einzug bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes. So teilte das Landgericht München mit, „…dass Schmerzensgelder in gewisser Weise mit der inflationären Entwicklung Schritt halten müssten und dass ein höheres Schmerzensgeld…allgemein befürwortet werde.“
Daraufhin urteilten die Oberlandesgerichte Köln, Hamm, Saarbrücken und Stuttgart Schmerzensgelder bei Geburtsschäden von über 500.000 € aus.
2012 wurde ein Schmerzensgeld durch das KG Berlin für ein schwer beeinträchtigtes Kind in Höhe von 650.000 € ausgeteilt. (KG Berlin vom 16.02.2012, 20 U 157/10)
2015 urteilte das OLG Köln 600.000 € Schmerzensgeld für einen Schwerstverletzten aus (OLG Köln vom 10.12.2014, 02.02.2015, 5 U 75/14).
Oft werden wir im Mandantengespräch mit dem typischen Schlagwort „amerikanischer Verhältnisse“ konfrontiert. Dass ein solcher Vergleich die Realität nur verkürzt darstellt, liegt daran, dass jene Schmerzensgelder in Amerika neben originären Schmerzensgeldern auch sämtliche weiteren Schadensersatzansprüche umfassen. Diese machen, zur Verwunderung vieler Mandanten, zum Beispiel mit Erwerbsschaden, Pflegekosten und Haushaltsführungsschaden, neben dem Schmerzensgeld oft den weit überwiegenden Teil der Gesamtforderung in Deutschland aus.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass von den -in Amerika zugesprochenen oder ausgehandelten- Schmerzensgeldern auch Anwaltskosten umfasst sind. Diese machen häufig bereits ca. 40 % des Betrages aus.
Die Bemessung von Schmerzensgeldern im deutschen Rechtsraum kann somit nicht mit amerikanischen Verhältnissen verglichen werden und hat seine eigene Berechtigung. Auch wird die Versicherungsbranche nicht unangemessen belastet. So prognostizieren Versicherungen für querschnittsgelähmte Menschen Deckungssummen von ca. 11 Millionen Euro (vgl. Hoffmann, VW 2008, 1298).
Damit trotzdem ein grober Überblick über die Höhe von gerichtlich zugesprochenen Schmerzensgeldzahlungen gewonnen werden kann, werden hier im Folgenden einzelne Urteile zur Veranschaulichung kurz dargestellt:
Es existieren zahlreiche Tabellen für die Bemessung von Schmerzensgeldern (z. B. vom Beck-Verlag oder vom ADAC). Auch wenn eine Heranziehung und blinde Übernahme dieser Werte grob falsch wäre, so können sie einem juristischen Laien eine erste und ungefähre Orientierung geben. Beispielhaft kann hier auf die Online Schmerzensgeldtabelle des OLG Celle verwiesen werden.
In unserer anwaltlichen Praxis haben wir jedoch eine gänzlich andere Herangehensweise entwickelt, wodurch wir sehr wahrscheinlich deutlich höhere Schmerzensgeldbeträge für Sie erzielen können.
Hierzu: Schmerzensgeldtabellen – Eine Orientierung und kritische Einordnung
Schmerzensgeldansprüche verjähren gem. § 195 BGB innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt damit am 31.12. des Jahres zu laufen, in welchem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Beispielsrechnung: Im Jahr 2021 kam es während einer ärztlichen Behandlung zu einem Fehler des Arztes. Die Verjährungsfrist für den Schmerzensgeldanspruch beginnt dementsprechend am 31.12.2021 und endet mit Ablauf des 31.12.2024.
Der Stichtag des 31.12. sollte damit also genau im Blick behalten werden.
Für die Verjährung von Ansprüchen aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung gelten jedoch weitere Besonderheiten.
Um der Stellung des Patienten als medizinischen Laien Rechnung zu tragen, beginnt die Verjährung mit Schluss des Jahres, in welchem er Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis über den ärztlichen Behandlungsfehler erlangt hat gem. § 199 Abs. 1 BGB.
Dies ist, nach ständiger Rechtsprechung, der Zeitpunkt der Kenntnis aller behandlungsrelevanten Zusammenhänge. Damit beginnt die Verjährung meist erst mit der Vorlage eines positiven Sachverständigengutachtens, in dem ein Behandlungsfehler bejaht wird.
Maßstab ist „die Kenntnis sämtlicher behandlungsrelevanten Tatschen“
Der BGH hat am 23.04.1991 festgestellt, dass es nicht genüge, wenn der Patient Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassen kennt,
„vielmehr muss ihm aus seiner Laiensicht der Stellenwert des ärztlichen Vorgehens für den Behandlungserfolg bewusst sein. Deshalb beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, bevor nicht der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt, aus denen sich ergibt, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich waren.“
Als beispielhafte Regel kann hierfür gelten:
Wacht der Patient auf und wurde an dem falschen Bein operiert, so läuft die Verjährung ab diesem Zeitpunkt. Im Regelfall kann allerdings der Patient als Laie die medizinische Leistung gar nicht selbstständig als fehlerhaft identifizieren. Hier beginnt die Verjährung erst ab Kenntnis zu laufen, zum Beispiel ab Zugang eines positiven medizinischen Sachverständigengutachtens über die Behandlung. Durch die bloße Vermutung, fehlerhaft behandelt worden zu sein, beginnt die Verjährungsfrist mithin nicht. Der Patient muss die fehlerhafte Behandlung anhand der Behandlungsschritte unter medizinischer Missachtung von Leitlinien bzw. Unterschreitung des fachärztlichen Standards einordnen können (BGH VersR 2010, 214).
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Höhe eines Schmerzensgeldanspruchs von den Besonderheiten des konkreten Falles abhängig ist. Zwar kann ein noch so hohes Schmerzensgeld eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht mehr rückgängig machen, doch gerade deswegen sollte der Geschädigte wenigstens finanziell sorglos sein können. Die Höhe der von den Gerichten zugesprochenen Schmerzensgeldern steigt zudem zunehmend an.
Damit also eine angemessene Summe erzielt werden kann, sollte ein fachkundiger Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden, welcher die Bemessungsgrundlagen detailliert und sorgfältig darlegt sowie mit der notwenigen Durchsetzungskraft vertritt.