FamilienrechtArtikelRA Elisa ChiappettaDie einvernehmliche Scheidung – es könnte alles so einfach sein, ABER!?

20. Dezember 2023

Beim Thema Scheidung denkt man unweigerlich an Streit und jede Menge Konfliktpotenzial, wegen der Vielzahl zu klärender Punkte, die mit einer Scheidung zwangsläufig einhergehen. Noch immer enden viele Trennungen in sogenannten streitigen Scheidungen.

In vielen Fällen sind sich die Eheleute jedoch auch über die Scheidung und dessen Rahmenbedingungen einig, so dass eine einvernehmliche Scheidung durchgeführt werden kann.

 

Dabei müssen folgende Bedingungen für eine einvernehmliche Scheidung erfüllt sein:

  1. Beide Ehegatten möchten sich scheiden lassen,
  2. Die Eheleute sind sich über die Rahmenbedingungen der Scheidung einig,
  3. und die Eheleute haben für mindestens ein Jahr räumlich voneinander getrennt gelebt.

 

Sind diese Kriterien erfüllt und bewertet das Gericht die Ehe als gescheitert, was nach Ablauf des Trennungsjahres in der Regel vermutet wird, entscheidet das örtlich zuständige Gericht über den begehrten Scheidungsantrag.

 

Doch welche Vorteile hat eine einvernehmliche Scheidung überhaupt?

Vor allem geht eine einvernehmliche Scheidung mit einer erheblichen Reduzierung der Kosten einher, da lediglich ein Rechtsanwalt benötigt wird. Dieser kann zwar vor Gericht nur einen der Ehepartner vertreten, grundsätzlich genügt es jedoch, wenn nur der, den Scheidungsantrag stellende Ehegatte, anwaltlich vertreten ist. Der andere Ehegatte kann dem Scheidungsantrag im Termin einfach zustimmen und die Ehe sodann geschieden werden. Außerdem laufen die einvernehmlichen Scheidungen deutlich schneller, da in der Regel lediglich die Versorgungsauskünfte eingeholt werden müssen, aber im Übrigen kaum weitere gerichtliche Korrespondenz erfolgt, da keine Scheidungsfolgesachen das Verfahren verzögern.

Hat eine einvernehmliche Scheidung auch Nachteile?

Allerdings kann eine einvernehmliche Scheidung auch Nachteile mit sich bringen. Möchte einer der Ehepartner, zum Beispiel aus Angst vor der Entscheidung des Gerichts oder weil er einem Prozess keine Erfolgsaussichten zuschreibt, nicht gegen den anderen prozessieren und stimmt deswegen dem Scheidungsantrag zu, so können für den Ehepartner Nachteilige Sorgerechts- oder Vermögensregelungen oder höhere Unterhaltszahlungen die Folge sein.

 

Im Ergebnis müssen sich die Eheleute also über alle Angelegenheiten, die die Ehe betreffen einig sein. Darunter fallen vor allem:

 

  • Sorge- und Umgangsrechte für gemeinsame Kinder,
  • Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern,
  • Unterhaltspflichten gegenüber dem Ehepartner,
  • Zugewinnausgleich,
  • Vermögensaufteilung und Verteilung des Hausrates.

 

Sorgerecht & Umgangspflichten untereinander klären

Die Abgabe einer etwaigen Sorgerechtserklärung kann zum einen kostenpflichtig beim Notar und zum anderen kostenlos beim örtlichen Jugendamt erfolgen. Auch im Falle einer aktuellen Schwangerschaft eines Ehepartners kann die entsprechende Erklärung schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes abgegeben werden. Ggf. kann eine Umgangsvereinbarung bereits vorgerichtlich getroffen werden und im Rahmen des Scheidungsverfahrens durch das Gericht protokolliert werden, sfern dies für erforderlich gehalten wird.

 

Einigung über die Höhe der Unterhaltsansprüche finden

Zudem muss die Höhe der Unterhaltszahlungen unter den Eheleuten geklärt sein. Dabei sollte der Trennungsunterhalt, der nacheheliche Unterhalt und der Kindesunterhalt bedacht werden. Die Berechnung ist häufig kompliziert, sodass es sich zumindest vorgerichtlich anbieten kann, eine Unterhaltsberechnung durch einen Rechtsanwalt vornehmen zu lassen, um sicherzustellen, dass einem später keine Nachteile erwachsen.

 

Verhandlungen über den Zugewinnausgleich führen

Ist zwischen den Eheleuten kein Ehevertrag oder eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen worden, muss das Ehepaar, sofern es im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, den Zugewinnausleich regeln. Ein Zugewinnausgleichsanspruch besteht dann, wenn die während der Ehezeit erwirtschafteten Vermögenswerte von einander abweichen, das heißt, ein Ehepartner mehr erwirtschaften konnte, als der andere. Dieser kann sodann einen Ausgleich für den geringeren Zugewinn verlangen, über dessen Höhe sich die Eheleute im Falle einer einvernehmlichen Scheidung unbedingt einig sein sollten.

Der Zugewinnausgleich ist allerdings kein zwingender Bestandteil des Scheidungsverfahrens, so dass sich die Eheleute auch einvernehmlich dafür entscheiden können diesen nicht zu verhandeln. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine schnelle Abwicklung des Scheidungsverfahrens gewünscht ist und keine große Differenz zwischen dem jeweils erwirtschafteten Zugewinn der Ehepartner besteht, was häufig bei Ehen von kurzer Dauer der Fall ist.

 

Einhaltung des Trennungsjahres

Die Eheleute müssen für eine einvernehmliche Scheidung mindestens 1 Jahr voneinander getrennt leben. Damit wird dem Gericht verdeutlicht, dass die Ehe gescheitert ist.

Nur in Ausnahmefällen kann das Gericht das Trennungsjahr verkürzen oder sogar gänzlich aussetzen.

Dafür muss beim zuständigen Gericht ein Härtefallantrag gestellt werden. Dafür muss ein weiterer Bestand der Ehe für einen oder beide Ehepartner unzumutbar sein.

Dies ist zum Beispiel der Fall bei

  • langjährigem Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen, einhergehend mit der Verweigerung oder des Scheiterns einer entsprechenden Therapie im Zusammenhang mit daraus resultierender wirtschaftlicher Not oder Gewalt,
  • Alkohol- und Drogen Missbrauch im Beisein der Kinder,
  • Körperlicher Gewalt mit der Folge von schweren Verletzungen, Bedrohungen und Beleidigungen vor den Kindern und die Misshandlung der Kinder,
  • Gegenüber dem Partner begangenen Straftaten und
  • Der Eheschließung zum Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung.

 

Keinen Härtefall stellt hingegen die Untreue eines Ehepartners oder die plötzliche Offenbarung der Homosexualität des Partners dar.

 

Einem solchen Härtefallantrag helfen die Gerichte jedoch nur in Ausnahmefällen ab.

 

 

Wie läuft eine einvernehmliche Scheidung konkret ab?

  • Erfüllung des Trennungsjahres: Bevor die Scheidung eingereicht werden kann, müssen die Eheleute ein Jahr voneinander getrennt leben.
  • Antragstellung: Für eine einvernehmliche Scheidung müssen Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden, welcher die Scheidung beim zuständigen Familiengericht für Sie beantragt. Es gilt Anwaltszwang!
  • Zahlung der Gerichtskosten: Nach der Einreichung des Antrages wird das Gericht die Eheleute auffordern die Gerichtskosten einzuzahlen, ist dies erfolgt, beginnt es mit der Bearbeitung des Antrags.
  • Zustellung des Scheidungsantrags: Das Gericht leitet den Antrag auf Scheidung dann an den anderen Ehepartner weiter, der diesem zustimmen muss.
  • Berechnung des Versorgungsausgleichs: Zur Berechnung des Versorgungsausgleichs verschickt das Familiengericht die relevanten Dokumente an die Rententräger, welche dann die jeweiligen Ansprüche berechnen und Vorschläge zum Ausgleich der jeweiligen Anwartschaften unterbreitet.
  • Scheidungstermin: Das Gericht bestimmt einen Scheidungstermin, an dem Sie (außer in Ausnahmefällen) persönlich teilnehmen müssen.
  • Scheidungsbeschluss: Das Familiengericht entscheidet über die einvernehmliche Scheidung.

Welche Unterlagen brauche ich für eine einvernehmliche Scheidung?

Folgende Formulare müssen zusammen mit dem Scheidungsantrag eingereicht werden:

  • Heiratsurkunde
  • Eheverträge (falls vorhanden)
  • Scheidungsfolgenvereinbarung (falls vorhanden)
  • Geburtsurkunden gemeinsamer Kinder (falls vorhanden)
  • Anwaltsvollmacht

 

Kann auf ein Muster für den Scheidungsantrag zurückgegriffen werden?

Einvernehmliche Scheidungen können durch die Verwendung von Muster-Dokumenten im Internet erleichtert werden. Diese können eine grobe Orientierung geben, sind jedoch nicht auf individuelle Scheidungsverfahren zugeschnitten. Es ist ratsam, frühzeitig einen Anwalt zu kontaktieren, da sich der den Antrag stellende Ehepartner ohnehin von einem Anwalt vertreten lassen muss.

Was passiert, wenn es doch zum Streit zwischen den Eheleuten kommt?

Auch bei einvernehmlichen Scheidungen kann es gelegentlich zu Streitigkeiten kommen. In solchen Fällen kann eine unabhängige Mediation oder die Konsultation eines Anwalts hilfreich sein, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.

Mit welcher Dauer des Scheidungsverfahrens muss man rechnen?

Die Dauer einer einvernehmlichen Scheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel dauert eine einvernehmliche Scheidung 6 bis 12 Monate ab der Einreichung des Scheidungsantrags. Ohne eine Verhandlung über den Versorgungsausgleich kann das Verfahren teilweise bereits innerhalb von 3 Monaten abgeschlossen werden. Wenn einer der Ehepartner nach Verkündung des Scheidungsbeschlusses Rechtsmittel einlegt, verlängert sich der Zeitraum bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel.

Womit wird das Scheidungsverfahren beendet und welche Rechtsfolgen ergeben sich daraus?

Das Scheidungsverfahren endet mit der Verkündung des Scheidungsbeschlusses durch das Familiengericht. Wenn die Ehepartner auf eine Berufung verzichten und beide anwaltlich vertreten sind, wird die Scheidung ab diesem Zeitpunkt rechtskräftig. Alle vereinbarten Scheidungsfolgen treten sofort in Kraft, wie beispielsweise Sorgerechtsvereinbarungen, Unterhaltszahlungen und die Auflösung des Hausrats. Spätestens einen Monat nach Verkündung des Urteils ist die Scheidung rechtskräftig.

Brauche ich einen Anwalt für das Scheidungsverfahren?

Bei einer Scheidung besteht Anwaltszwang, was bedeutet, dass Sie sich vor Gericht anwaltlich vertreten lassen müssen. Bei einer einvernehmlichen Scheidung genügt es, wenn nur der Antragsteller einen Anwalt beauftragt. Wenn der andere Ehepartner dem Scheidungsantrag zustimmt, benötigt er keine eigene anwaltliche Vertretung. Es ist wichtig zu beachten, dass ein Anwalt nicht beide Seiten bei einer einvernehmlichen Scheidung vertreten darf.

Was kostet eine einvernehmliche Scheidung?

Die einvernehmliche Scheidung steht allgemein als die kostengünstigste Option. Im Vergleich zur streitigen Scheidung können die Ehepartner oft die Hälfte der Gerichts- und Anwaltskosten einsparen.

Die genauen Kosten hängen vom Verfahrenswert ab. Dieser wird anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten berechnet und vom Familiengericht am Ende des Scheidungsverfahrens festgelegt.

 

Wer muss die Kosten der einvernehmlichen Scheidung tragen?

Bei einer einvernehmlichen Scheidung legen die Ehepartner in der Regel im Voraus fest, wie die Scheidungskosten aufgeteilt werden oder wer dafür aufkommt. Bei besonders geringem Einkommen können die Ehepartner gemäß § 115 ZPO Verfahrenskostenhilfe beantragen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Elisa Chiappetta